30 Tonnen Schokolade für Millionen Pralinen

19. August 2025

In Deutschland ist die beliebteste Süßigkeit die Schokolade. Eine Firma, die besonders gute Schokolade macht, ist Elly Seidl. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Lochham – nur knapp einen Kilometer von Pasing entfernt. Dort werden alle Pralinen, Schokoladen und Torten hergestellt. Wir durften für euch die Manufaktur besichtigen und ein Interview mit Firmenchef Maximilian Rambold machen.

Die Eltern von Maximilian Rambold hatten die Firma im Jahr 2000 gekauft, nachdem sie sie vorher 30 Jahre lang gepachtet hatten. Seitdem verkauft Elly Seidl fast nur noch eigene Produkte. Vorher gab es zum Beispiel auch Schokolade von anderen Herstellern. Den Gebäudekomplex in Gräfelfing hat Elly Seidl 2011 gebaut und ist 2012, mitten während der laufenden Produktion, dorthin umgezogen. Vorher war die Firma in Planegg. In den 70 Jahren Firmengeschichte hat sich ansonsten relativ wenig geändert. „Wir haben immer noch verhältnismäßig wenige Maschinen und machen viel in Handarbeit. Vielleicht sind manche von den Maschinen, die wir haben, etwas kleiner geworden“, erklärte uns Maximilian Rambold. Auch für die nahe Zukunft sind keine weitreichenden Änderungen geplant, auch wenn sich das Sortiment natürlich immer wieder ändert. „Auf Dauer wird Künstliche Intelligenz auch bei uns Einzug halten. Ich kenne Bäckereien, die seit mehreren Jahren ihre Produktion mit KI planen“, sagt Maximilian Rambold. Die KI würde dann etwa automatisch berechnen wie viele Pralinen produziert werden müssen, je nachdem wie zum Beispiel gerade das Wetter ist. Vor ein paar Jahren hat Elly Seidl auch mit Instagram angefangen.

15 Mitarbeiter arbeiten in Lochham in der Produktion. Insgesamt hat die Firma 65 bis 70 Mitarbeiter, zum Beispiel in den Filialen und in der Verwaltung. In der Manufaktur in Lochham entstehen unter anderem Pralinen, Schokoladentafeln, Gebäck, Osterfladen, Osterlämmer, Weihnachtsnikoläuse, Stollen, Torten und Törtchen. Da läuft euch genauso wie uns auch das Wasser im Mund zusammen, oder? „Bei Tafeln verkauft sich Schokolade mit Nüssen am besten. Bei Pralinen sind es oft Klassiker wie Rum- und Champagnertrüffel und klassische Nougatpralinen. Es wird halt oft das gekauft, was viele bereits kennen“, erklärt Maximilian Rambold. Schwieriger sei es oft den Kunden beizubringen, dass es andere Sachen gibt, die einem noch nicht so geläufig sind. „Im Winter wollen es viele eher intensiver und süßer, im Sommer eher herber – wobei es selbstverständlich auch auf den Sommer ankommt. Weiße Schokolade ist inzwischen sehr wenig nachgefragt, wenn, dann oft nur zur Dekoration.“

Die wichtigste Zeit für Elly Seidl im Jahr ist natürlich die Zeit vor Weihnachten. Nikoläuse und andere Weihnachtsartikel gibt es ab dem 2. November, dieses Jahr sogar noch etwas früher, da die Kunden schon ab den Herbstferien danach fragen. Weitere Höhepunkte sind die Zeit vor Ostern, dann die Wochen vor Valentins- und Muttertag. „Vor allem Weihnachten und Ostern versuchen wir so viel Umsatz wie möglich mit zu nehmen, um die warmen Sommermonate auszugleichen“, berichtet Maximilian Rambold. Denn wenn es mehr als 23 Grad warm ist, verschickt Elly Seidl nur per Express, was nicht jeder möchte. Auch insgesamt kaufen die Kunden im Sommer weniger ein. Dafür wird in den warmen Monaten viel für Weihnachten vorbereitet.

In der Produktion selbst gibt es unterschiedliche Herstellungsweisen. Rund 30 bis 40 Prozent der Pralinen werden zum Beispiel über eine Hohlform gegossen. Wenn die Form voll ist, stellen die Mitarbeiter die Hohlform auf den Kopf, damit überflüssige Schokolade raus fließt. Je mehr man klopft, desto mehr Schokolade fließt raus! Die Pralinenkugeln rollen die Mitarbeiter zweimal durch flüssige Schokolade. Nach der Trocknung und Kühlung füllen sie sie anschließend mit einer Füllmaschine. „Wenn wir die Kugeln von Hand füllen würden, würden wir zum Beispiel bei 5000 Pralinen anschließend unsere Daumen nicht mehr spüren“, so Maximilian Rambold lachend. Eine andere Produktionsmethode ist, dass die Mitarbeiter zuerst die Füllung anfertigen und diese dann mit flüssiger Schokolade umschließen. Kleine Torten werden wiederum mit dem klassischen Biskuitboden gebacken, dann in Schichten aufgebaut, in Stücke geschnitten, mit einer Maschine überzogen und schließlich dekoriert.

In der Manufaktur gibt es viele verschiedene Räume auf mehreren Stockwerken. Neben den eigentlichen Produktionsräumen stellen in einem anderen Zimmer die Mitarbeiter die Online-Bestellungen zusammen und verpacken sie. In einem weiteren Raum ist das Wochenlager. Alle Rohstoffe wie Marzipan, Nougat und Nüsse, die für ungefähr eine Woche Produktion nötig sind, sind hier gelagert. Im Keller ist das richtig große Lager mit den mittel- und langfristigen Vorräten.

Maximilian Rambold hat durch seine Eltern schon als Schüler im Betrieb mitgeholfen. Bald war ihm klar, dass er auch dauerhaft mit in das Familienunternehmen miteinsteigen möchte. Dass Elly Seidl von ihm und seinem Bruder gemeinsam geführt werden, empfindet er als großen Vorteil. „Der Spruch ‚Blut hält dicker als Wasser‘ ist alt, aber wahr. Eine Familie hält eher zusammen als fremde Menschen. Während des ersten Lockdowns in der Coronazeit hätten andere vielleicht gesagt, dass wir die Firma schließen, weil wir so viel Geld verloren haben, gerade in der damaligen Osterzeit. Eine Familie plant über mehrere Generationen und sagt daher, durch diese Saure-Gurken-Zeit müssen wir halt durch“.

Wir fanden den Besuch und das Interview wirklich sehr interessant. Es war richtig spannend, wie die vielen Köstlichkeiten entstehen und was bei dem Betreiben einer Schokoladenfirma sonst noch wichtig ist. Nur eines hat uns gewundert: Dass aus der Manufaktur überhaupt Ware rauskommt und die Mitarbeiter nicht schon selber alles essen. Wir könnten der Verlockung jedenfalls kaum widerstehen :-)

Weitere Informationen über Elly Seidl lest ihr unten im Interview.

Eure Redaktion

Pelle, Käthe, Lia, Jonas, Peter

Interview mit Maximilian Rambold:

Wie viele Filialen haben Sie in und um München und kann man bei Ihnen online bestellen? „Wir haben sechs Filialen. Eine in Starnberg, eine in Lochham hier bei unserer Fabrik, eine in Pasing und drei in der Münchner Innenstadt. Und dann haben wir noch unseren Onlineshop. Während der Corona-Zeit ist die Nachfrage dort natürlich deutlich nach oben gegangen. Jetzt bestellen nach wie vor mehr Kunden online als früher. Viele Kunden kaufen aber doch wieder lieber im Geschäft ein, weil sie hochwertige Produkte so einkaufen wollen, dass auch das Umfeld stimmt. Generell verkauft man Lebensmittel einfacher, wenn man sie sehen und riechen kann. Die meisten Online-Bestellungen kommen schon aus München oder dem restlichen Deutschland, zum Beispiel von Kunden, die als Touristen in München waren oder ausgewanderten Münchnern. Kuriose Bestellungen vom anderen Ende der Welt haben wir kaum.“

Woher nehmen Sie die Namen der Pralinen? „Oft haben die Namen einen Bezug zum Inhaltsstoff. Einige Pralinennamen kommen auch aus meiner Familie. Zur Geburt meiner Tochter Emma haben wir zum Beispiel viel Kaffee getrunken, weil sie meine Frau so viel im Bauch rumgetreten ist, dass sie uns wachgehalten hat. Jetzt gibt es eine Praline Emma mit Kaffee. Die Praline Oliver, nach meinem Bruder, ist hingegen nicht mehr in unserem Sortiment. Denn die Kombination unter anderem aus Vanille kam bei unseren Kunden nicht so gut an. Andere Pralinen sind zum Beispiel nach meiner Nichte Katharinchen oder meiner Schwester Barbaretta benannt.“

Wie viele Pralinen verkaufen Sie im Jahr? „Wir registrieren nicht die Stückzahlen der Pralinen, sondern rechnen nach Gramm. Aber im Jahr werden es mehrere Millionen Pralinen sein. Pro Jahr kaufen wir 30 Tonnen Schokolade ein.“

Verwenden Sie nachhaltige Produkte? „Das ist ein schwieriges Thema. Wir werden von einem belgischen und einem Schweizer Unternehmen beliefert. Die Firmen beziehen ihre Schokolade aus hochwertigen Anbaugebieten, zum Beispiel in den USA und in Ghana. Wir haben schon immer darauf geachtet, dass die Hersteller dort ihre Mitarbeiter möglichst fair bezahlen und behandeln. Dass ist mir sehr wichtig. Nachkontrollieren kann man es aber nicht. Wir achten auch darauf, wenn möglich lokal einzukaufen, zum Beispiel Mehl aus Dachau. Kakao ist, muss man ehrlich sagen, nicht nachhaltig, weil er eben von so weit herkommt. Auch vegane Schokolade schmeckt ein bisschen anders, finde ich – fast wie als ob man auf einem Windelkissen kaut. Wir verwenden sie deshalb nicht.“

Woher haben Sie die Pralinendesigns? „Die Designs erfinden meine Mitarbeiter. Viele Pralinendesigns ergeben sich aber auch durch die Zutaten. Unsere neueste Praline, Koko Loco, hat etwa ganz viel Kokos drin. Zum Gegengewicht haben wir also noch Nougat herumgemacht, wodurch sich die Form ergab. Vor allem unsere jungen Mitarbeiter probieren viel aus, dürfen sie auch. Mit 17, ah ne, 18, habe ich einmal eine Praline aus Wodka Bull designt. Die fand ich dann aber ganz furchtbar.“

Sind steigende Kosten ein Problem für Sie? „Ja, auf jeden Fall. Dass ist ein absolutes Dauerthema. Am meisten Sorgen mache ich mir inzwischen um die Verpackungskosten und den Mindestlohn, der ja auf knapp 15 Euro erhöht wird. Verpackungen kosten mittlerweile oft nach einiger Zeit plötzlich das Doppelte im Einkauf. Neulich war der Preis einer kleinen Packung mit einem Mal sogar um das Dreifache gestiegen. Durch den höheren Mindestlohn muss ich ja im Endeffekt den Lohn für alle unsere 60, 65 Mitarbeiter erhöhen, um die Relationen zu halten. Auch die Rohstoffe werden teurer, weil bei den Firmen dort die Mitarbeiter natürlich auch teurer werden. Im Moment kosten 100 Gramm Pralinen bei uns 10,50 Euro, was ohnehin bei den steigenden Kosten nicht mehr ausreicht. Ich bin mir nicht sicher, wie die Kunden reagieren, wenn der Preis steigt.“